Die Isenburg bei Hattingen

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Der Geist des Isenbergers

Quelle: Hattinger Zeitung vom 01.12.1926 (unbekannter Leser/Zeitgeist)
Burgruine im Winter
Quelle: Eigenes Foto

Ich lasse mich nieder unter den mächtigen Eichen im dichten Unterholz und warte. Hoch oben über mir rauscht einer der Waldriesen sein Abendlied in der lauen Luft. Die Sonne rüstet zum Abschied. In sanftem Bogen sinkt sie dunkelglühend wie eine purpurne Rose hinter den zackigen Felsen des Isenberges auf der anderen Seite der Talsenke. Unseres Isenberges! Blass zieht feiner Nebel über die Ruhr. Er wächst und zieht sich die Seitentäler hinauf. Hinter meinem Rücken steigt sacht der Mond herauf und beleuchtet mit seinem Silberlicht das gespenstische Wogen des Nebels und die kahlen Wände unseres Heimatberges. Und hoch über ihn, an der Stelle, wo einst aus trutzigem Herrenhaus frohe Minnelieder hallten, leuchten aus den unendlichen Tiefen des Weltalls einige große Sterne mit ihrem matten Licht herab auf die Wüstenei dort oben. Auf die zerrissenen Überreste des geächteten Berges, der dennoch unser Heiligtum sein sollte! Und doch.... Horch! Was war das

Ein Geräusch, als ginge irgendwo in schweren Angeln eine Tür. Und nun weiß ich, der Waldgeist kommt gerade hier herauf, wo er freien Überblick hat über sein einstiges Reich. Er kommt, der kleine Graue, vom bläulichen Schein des Mondlichtes umflossen und schaut hinüber zu den Trümmern seiner Burg. Über sein Gesicht zieht schmerzliches Erinnern.

Er beginnt zu erzählen: "Vor ungefähr 700 Jahren, da flocht man meinen irdischen Leib zu Köln am Rhein auf das Rad. Meine Seele, die heute zu dir spricht, stand vor Gott und bettelte um Gnade vor ewiger Verdammnis. Da fällte der Allvater seinen Spruch. -Um deiner Mutter, deines Weibes und deiner Kinder willen, die da unten bei deinem irdischen Leibe mich so herzzerreißend anflehen, sollst du vor ewiger Verdammnis bewahrt bleiben; doch zur Strafe erhälst du Asyl in deiner Heimat, damit du ewig sehen kannst, wie ich deinen Berg , dein irdisch Gut, vernichte -. Das war der Spruch, er war hart, doch ich musste mich fügen. Siehst du, so lässt er denn meinen Berg zerstören von deinesgleichen und lässt mich ohnmächtig zusehen, ohne dass ich etwas retten könnte. Wie lange dauert´s bis mich eine öde Steinwüste von dort drüben anstarrt?

Doch der Mord ist lange gesühnt. Aber warum soll der Berg auch noch sühnen ? Noch immer hoffe ich, daß dereinst ein Retter kommen wird, den Isenberg, mein Vatererbe, zu erhalten, damit des Ruhrlandes Volk auch in den jüngsten Tagen noch der einstigen Stärke meines Geschlechtes, derer von Isenberg, ahnt!"

Auf St. Georg in Hattingen schlägt die 12. Stunde. Der Waldgeist wendet sich zum Gehen. Dann war´s stille........

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